Der Umgang mit dem Abschied von Kolleginnen und Kollegen

Interne Kommunikation und die Trauer

„Die Zukunft ist hybrid“, verkündete der Automobilkonzern VW Anfang November. Das denke ich auch! Und deswegen wollte ich in meinem aktuellen Blogartikel auf die hybride interne Kommunikation eingehen. Doch mit den täglich steigenden Inzidenzzahlen und mit Blick auf die vielen Opfer der Corona-Pandemie sank meine Lust und Energie. Im nächsten Jahr wird hybride Kommunikation zu den Top-Themen zählen. Sie werden dazu von mir noch lesen – nur nicht heute.

Heute greife ich ein ernstes Thema auf, das mir angemessener erscheint: Interne Kommunikation und die Trauer. Wie können Sie angemessen mit dem Tod von Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen umgehen? Was können Sie kommunikativ tun, um den Abschied würdevoll zu gestalten?

Diejenigen von Ihnen, die meinem Blog und mir schon länger folgen, kennen die Inhalte. Ich aktualisiere diesen wichtigen Artikel regelmäßig – oft im November, dem „Trauermonat“. Er bietet sich an für Gedanken zum Tabuthema Tod. Nehmen Sie sich etwas Ruhe, um ihn zu lesen: Das Thema ist zu ernst, um darüber hinwegzuhuschen.

Die Nachricht kam am späten Vormittag und war eine schlichte Mail.

„Vor einer Stunde ist mein Mann im Krankenhaus verstorben. Er verließ das Haus zum Joggen und kam nicht zurück. Wir waren 15 Jahre verheiratet.“ Schock und Schweigen unter uns Kolleginnen und Kollegen. An Arbeit konnten wir an diesem Tag nicht mehr denken.

Wie es nach dem ersten Schock weiterging? Wir erkundigten uns, ob die Geschäftsleitung ebenfalls informiert war. Das war sie, doch was dann passierte, ist ein Lehrstück für einen „Worst Case“: Unser Chef tauchte wortlos ab und die Personalabteilung gab eine inhaltlich fehlerhafte Todesanzeige heraus. Unsere Trauer mischte sich mit Wut. Wir empfanden den (Nicht-)Umgang als würdelos und geringschätzend.

Umgang mit dem Tod im Unternehmen. Die Trauer

Den Umgang mit Trauer lernen wir kaum oder gar nicht. Dabei dürfen wir Trauer nicht ignorieren oder kleinreden – auch nicht im Unternehmen. Der Trauerprozess ist wichtig für die Bewältigung und zeigt, welche Wertschätzung wir Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen – auch nach ihrem Tod – entgegenbringen.

Sie können sicher sein: Die Mitarbeiter:innen beobachten ganz genau, was im Trauerfall getan und was unterlassen wird. Die Unternehmensleitung und die Führungskräfte haben dabei Leitbild-Charakter und müssen Einfühlsamkeit zeigen. Die verantwortlichen Personen für die interne Kommunikation und die Personalabteilung/HR können dabei begleiten und sensibilisieren.

Vorbereitung für den Fall der Fälle. Die Krisenkommunikation

Der Tod eines Kollegen oder einer Kollegin gehört zu den Krisenfällen, und die Prinzipien der Krisenkommunikation greifen auch hier. Bereiten Sie sich gedanklich auf den Trauerfall vor. Es könnte sein, dass eine Ihnen nahestehende Person stirbt. Sie werden betroffen sein, müssen aber im ersten Moment funktionieren. Hinzu kommt, dass die Zeit drängt: Die Angehörigen und die Mitarbeiter:innen warten auf eine angemessene Reaktion und brauchen Orientierung. Außerdem wird bei einem Todesfall die Menschlichkeit des Unternehmens auf die Probe gestellt – Fehltritte bei der Organisation können großen Widerstand hervorrufen.

Lassen Sie sich bei der Vorbereitung von drei Fragen leiten:

  • Wie schaffen Sie es im Trauerfall, die allgegenwärtige Sprach- und Hilflosigkeit zu überwinden?
  • Wie und in welchem Rahmen verabschieden Sie sich wertschätzend von dem oder der verstorbenen Kollegen oder Kollegin?
  • Wer braucht welche Unterstützung zur Trauerverarbeitung und in welcher Form?

Das Krisenteam. Die Rolle der internen Kommunikation

Für die „Vorbereitung“ bietet sich ein Krisenteam an, dessen Zusammensetzung von der generellen Kompetenzverteilung abhängt. Denkbar sind die Geschäftsleitung, die Personalabteilung/HR sowie Ansprechpartner für die interne und externe Kommunikation. Letztere spielt immer dann eine Rolle, wenn der Tod von Kolleg:innen auch von den externen Bezugsgruppen aufgegriffen wird, z. B. wenn die Busfahrerin des öffentlichen Nahverkehrs durch einen selbstverschuldeten Unfall oder der Patriarch des stadtbekannten Familienunternehmens stirbt.

Das Team klärt die Verantwortlichkeiten und verteilt die Aufgaben (siehe Analyse und operative Konzeption). Arbeiten Sie mit Checklisten und bereiten Sie sich so gut wie möglich vor. Das Treffen und die Vorbereitung müssen nicht lange dauern – in einer Stunde können die wichtigsten Fragen geklärt sein.

Vermeiden Sie Kompetenzgerangel und bewahren Sie Stillschweigen über diesen Arbeitskreis. Manchmal braucht der Umgang mit diesem Thema einen Katalysator. Und so kann es zu Zynismus oder schwarzem Humor kommen. Das ist menschlich, darf aber nicht nach außen dringen. Lassen Sie im Zweifelsfall ein Stillschweigeabkommen unterzeichnen (was allerdings kein gutes Zeichen für die Kultur wäre).

Dieses Team tritt im Todesfall sofort (kurz) zusammen, um offene Punkte der Checkliste zu klären. Im besten Fall werden die betroffene Führungskraft und ein oder zwei Kolleg:innen der verstorbenen Person dazu gebeten, um zu unterstützen und die Stimmung einzuschätzen.

Der bisherige Umgang. Die Analyse

Wie bei jeder Konzeption sollte das Krisenteam die mögliche Situation vorwegnehmen. Im ersten Schritt ist eine Analyse der bisherigen Erfahrungen hilfreich:

Analyse der bisherigen Erfahrungen

  • Wie gehen Sie bislang mit Trauerfällen um?
  • Was war für alle Beteiligten hilfreich, was tat gut?
  • Was lief schwierig oder ging schief?
  • Wie sahen die Kosten aus (z. B. wenn die Organisation oder eine Abteilung für die Beerdigungsfeier komplett schließt)?
  • Was haben Sie bisher gelernt?
  • Was wollen Sie weiterführen, was vermeiden?

Mögliche Maßnahmen. Die operative Konzeption

Hier ist es zum Teil schwierig, vorauszudenken. Arbeiten Sie mit Hypothesen und Szenarien. Es zeigt sich vor allem, wie grundsätzlich mit Mitarbeiter:innen umgegangen wird und ob das Krisenteam über Empathie verfügt. Braucht das komplette Krisenteam Unterstützung in Form von Coaching oder Supervision?

Todesanzeige

  • Soll eine Todesanzeige gestaltet werden?
  • Wie wird sie formuliert?
  • Auf welche Vorlagen können Sie zurückgreifen?
  • Wie groß soll sie sein?
  • In welchen Medien soll sie geschaltet werden? Print? Online?
  • Wie schaffen Sie es, in kurzer Zeit Informationen zusammenzutragen?

Angehörige

  • Was brauchen die Angehörigen an Zuspruch von und aus dem Unternehmen?
  • Wer kümmert sich um die Angehörigen? Das macht am besten die Person, die dem oder der Verstorbenen hierarchisch oder persönlich am nächsten steht. Schafft diese Person das?
  • In welcher Form werden die Angehörigen unterstützt? Beispiele: Kondolenzbesuch, Trauerkarte, Teilnahme an der Beerdigung, Kranz.
  • Brauchen die Angehörigen finanzielle Unterstützung? Diese Frage stellt sich vor allem, wenn es sich um einen tödlichen Betriebsunfall handelt.

Mitarbeiter:innen

  • Was brauchen Ihre Mitarbeiter:innen an Unterstützung und Orientierung?
  • Was können Sie emotional bieten?
  • Ist die Geschäftsleitung in der Lage, einen angemessenen und einfühlsamen Ton zu finden? Braucht sie ein Training oder Coaching?
  • Wie werden die Mitarbeiter:innen (schnell) benachrichtigt, z. B. persönlich von der Geschäftsleitung oder digital oder durch einen Aushang?

Gemeinsam die Trauer verarbeiten. Die Trauerbegleitung

Überlegen Sie, welche Maßnahmen Sie zur Trauerbewältigung anbieten könnten, z. B.

Maßnahmen zur Trauerbewältigung

  • stille Gedenkminute am Arbeitsplatz oder virtuell
  • gemeinsame Gedenkfeier im Unternehmen, die auch ungezwungen enden kann, z. B. mit Kaffee und Lieblingskuchen des oder der verstorbenen Kollegen oder Kollegin
  • Auf dem Schreibtisch des oder der Verstorbenen: ein Porträt mit Blumen, mit der Möglichkeit, sich in ein (virtuelles) Kondolenzbuch einzutragen
  • Einrichtung einer Intranetseite mit einem Kondolenzbereich
  • Beerdigung: Geben Sie den Mitarbeitenden die Möglichkeit, zur Beerdigung zu gehen? Wie verrechnen Sie die Arbeitszeit? Gibt es eine virtuelle Übertragung der Trauerfeier?
  • Intranet oder Mitarbeiterzeitschrift: Wollen Sie einen Nachruf veröffentlichen und gestalten? Wer macht das? Was ist angemessen?
  • Psychologische Hilfe: In welchem Fall könnten die Mitarbeitenden psychologische Hilfe benötigen? Wie kommen Sie schnell an Kontaktdaten?

Der angemessene Rahmen. Das Taktgefühl

Die Begegnung mit der Trauer und dem Tod braucht Taktgefühl, Sensibilität und Haltung. Ich weiß, dass es nicht leicht ist, die richtigen Worte zu finden oder zu erkennen, was gebraucht wird und wie die Seelenlage ist. Wir Mitarbeiter:innen hätten uns dennoch beim Tod unseres Kollegen mehr Unterstützung durch unseren Chef gewünscht. Ein Vorgehen, wie ich es hier beschrieben habe, hätte sicherlich für mehr Sicherheit auf dem unsicheren Parkett gesorgt.

Im Gedenken

Beim Schreiben kam die Erinnerung an vier verstorbene Kollegen auf, die ich geschätzt und gemocht habe. Ihrer gedenke ich.

Bildnachweis: thinkstock Siri Stafford

Kennen Sie jemanden, für den mein Blogbeitrag ebenfalls interessant ist? Dann teilen Sie ihn:


1 Kommentar
28.02.22, 18:31 Uhr

Sehr guter Beitrag. In so einem Fall ist ein professioneller Krisenmanagement sehr hilfreich…

icon to top