Wertschätzung wertschätzen

Wertschätzung in der internen Kommunikation

Wertschätzung in der internen Kommunikation wertschätzen

„Wir brauchen mehr Wertschätzung!“ Diese Aufforderung höre ich, seitdem ich mich mit interner Kommunikation beschäftige. Das Thema ist tatsächlich wichtig: Wertschätzung ist ein menschliches Grundbedürfnis. Nur helfen reine Appelle zumeist nicht. Wertschätzung braucht selbst Wertschätzung und Gestaltung. Vielleicht ist unsere Krisenzeit ein guter Zeitpunkt oder sogar Katalysator, um Wertschätzung in Ihrem Unternehmen stärker zu gestalten.

Wertschätzung ist ein weites Feld. Es umfasst auch materielle Zuwendungen, wie z. B. Gehalt oder einen ansprechend gestalteten Arbeitsplatz. Ich konzentriere mich in diesem Blogbeitrag auf den sozialen Aspekt.

Wertschätzung als soziale „Grundausstattung“

Soziale Akzeptanz gehört zur menschlichen „Grundausstattung“. Menschen sind soziale Wesen und brauchen die wohlwollende Zuwendung anderer Personen. Wenn Mitarbeitende wertgeschätzt werden (aber auch wenn sie selbst wertschätzen!), wird ihr Belohnungssystem in ihrem Gehirn aktiviert. In einer wertschätzenden Atmosphäre können sie sich besser entfalten und sich (weiter-)entwickeln. Aufgaben lassen sich leichter bewältigen. Diese psychologische Sicherheit hilft auch, Krisen und Unsicherheiten besser zu überstehen.

Differenzierung von Wertschätzung: Respekt, Anerkennung und Dank

Wie es oft so ist: Es gibt keine Einigkeit über eine wissenschaftliche Definition. Jedoch sind sich die Wissenschaftler einig, dass es verschiedene Differenzierungen gibt. Ich nutze für meine Arbeit die Unterscheidung: Respekt, Anerkennung und Dank. Durch die drei Aspekte ist es für mich leichter, das große „Thema“ Wertschätzung erlebbar zu machen und Ansätze zur Verbesserung zu finden.

Respekt

Respekt bezieht sich auf die Menschenwürde. Das bedeutet, dass ich mein Gegenüber als gleichwertigen Menschen achte, seine Rechte, sein Wertesystem und seine Weltanschauung respektiere – selbstverständlich im Rahmen der demokratischen Grundwerte.

Respekt ist eine Form der Wertschätzung und bezieht sich auf die Gleichwertigkeit aller Menschen.

Dazu gehören auch die Grundregeln des sozialen Miteinanders, z. B. grüßen, ausreden lassen oder Besprechungen pünktlich beginnen.  Diese Grundregeln können allerdings von Kultur zu Kultur, über die Generationen hinweg oder auch in verschiedenen Branchen anders sein.

Anerkennung

Anerkennung beinhaltet einen respektvollen Umgang, geht aber einen Schritt weiter: Die Anerkennung bezieht sich auf eine bestimmte Verhaltensweise, zu der ich meine Anerkennung ausspreche: „Dein Artikel hat mir sehr gut gefallen“ oder „Die Art und Weise, wie Du die Sitzung moderiert hast, hat uns schneller zum Ziel bringen lassen.“ Dabei darf Anerkennung nicht wie eine eingeübte Motivationsspritze wirken, sondern kommt nur an, wenn sie echt gemeint ist und sich auch nonverbal ausdrückt, also z.B. in einer zugewandten Körperhaltung.

Dank

Auf eine Sonderform möchte ich eingehen, die ich besonders wirkungsvoll finde: der Dank. Ich unterscheide den respektvollen „kleinen“ Dank, der zum höflichen Umgangston gehören sollte.

Eine Form der Wertschätzung ist der Dank.

Dann gibt es noch den anerkennenden, „größeren“ Dank. Er bezieht sich auf eine bestimmte Leistung oder einen Gefallen. „Danke, dass Du trotz Homeoffice und der knappen Frist das Konzept rechtzeitig fertigstellen konntest.“ Oder aber auch: „Ich bin dankbar, Dich in meinem Team zu haben. Deine ruhige Art in der Krisenzeit hat uns allen Sicherheit gegeben.“ Dieser Dank ist gleichzeitig ein Feedback.

Empfehlungen für die IK-Manager*innen

Und was können Sie als Verantwortliche der internen Kommunikation nun aus diesem Thema machen?

Ihre Rolle und Ihre Aufgaben bei der Wertschätzung

Als erstes sollten Sie sich fragen, ob gerade der richtige Zeitpunkt ist, sich mit dem Thema Wertschätzung zu beschäftigen. Vielleicht sind Sie aber noch zu stark im Krisenmodus und haben andere Prioritäten? Fragen Sie sich dann, ob die Pflege eines wertschätzenden Umgangs zu Ihrer Rolle und zu Ihren Aufgaben gehört. Sehen Sie sich in der medialen Vermittlungsrolle? Oder können Sie eine Kulturentwicklung anstoßen?

Verständnis und Bedarf von Wertschätzung

Machen Sie sich im nächsten Schritt klar, was Sie unter Wertschätzung verstehen und was Sie selbst an Wertschätzung brauchen. Sollten Sie im Team arbeiten: Organisieren Sie einen Mini-Workshop – über Webkonferenz oder auch gerne face-to-face mit ausreichendem Abstand – und klären Sie das gemeinsame Verständnis und den Bedarf:

  • Was verstehen Sie unter Wertschätzung?
  • Haben alle im Unternehmen ein einheitliches Verständnis?
  • Woran machen Sie Wertschätzung fest?
  • Von wem wird Wertschätzung gewünscht und wieso?
  • Wie gehen Sie selbst mit Wertschätzung um?

Wenn Sie in der medialen Vermittlungsrolle sind, können Sie diese und auch die folgenden Fragen für die Themenplanung nutzen. Wenn Sie für eine Kulturentwicklung zuständig sind, können Sie alle Fragen als Reflexion für den Kulturprozess einsetzen.

Lösungsorientierung

Im nächsten Schritt sollten Sie noch keine Maßnahmen im Kopf haben, sondern zunächst klären, wo Sie schon wertschätzend unterwegs sind. Vielleicht gelingt Ihnen und Ihrer Organisation der wertschätzende Umgang schon gut, Sie haben sich das aber bislang nicht so klar vor Augen geführt.

  • Wo zeigt sich bereits Wertschätzung in Ihrem Alltag?
  • Wo haben Sie in der Krisenzeit Wertschätzung gezeigt – vor allem den Mitarbeitenden, die trotz der Einschränkungen gute Arbeit geleistet haben?
  • Was genau machen Sie, wenn Sie einen wertschätzenden Umgang pflegen?
  • Was brauchen Sie noch?

Nutzen von Wertschätzung

Klären Sie dann ab, was Sie mit Wertschätzung gewinnen würden:

  • Was wäre anders, wenn Sie wertschätzender miteinander umgehen würden?
  • Was hätten die Mitarbeitenden und die Organisation davon?
  • Welche Auswirkung hätte ein wertschätzender Umgang auf die Kundinnen und Kunden?
  • Wer verspricht sich welchen Nutzen?

Diese Fragen lassen sich manchmal gar nicht so leicht beantworten. Lassen Sie sich ruhig etwas Zeit.

Konkretes Vorgehen

Überlegen Sie sich zum Abschluss konkrete Maßnahmen. Gehen Sie dabei am besten in kleinen, schnell umsetzbaren Schritten vor.

  • Was können Sie konkret tun, um wertschätzender miteinander umzugehen?
  • Was wäre eine erste, kleine Maßnahme?
  • Woran würden Sie merken, dass sich etwas geändert hat?

Zuhören als wichtiger Bestandteil von wertschätzender Kommunikation

Übrigens gehört zur Wertschätzung auch das Zuhören. Das klingt einfach, ist aber oft gar nicht so leicht: Wir fallen der Gesprächspartnerin ins Wort und beenden ihren Satz. Oder wir springen mit unserer eigenen Meinung in die nächste kleine Gesprächspause. Zeit zum Nachwirken oder Nachdenken geben wir dann nicht. Gerade bei Gesprächen in Webkonferenzen ist es manchmal schwierig, Gesprächspausen zuzulassen bzw. auszuhalten. Oder wir meinen zu schnell, verstanden zu haben und fragen nicht weiter nach.

Falls Sie Empfehlungen zum Zuhören brauchen: Lesen Sie meinen Blogbeitrag zum Ansatz „Time to Think“ von Nancy Kline. Sie spricht von zehn Komponenten, von denen Sie vielleicht das eine oder andere nutzen können.

Aufrichtigkeit bei der Wertschätzung

Egal, ob Sie Respekt und Anerkennung zeigen oder Dank ausdrücken: Diese Gesten der sozialen Akzeptanz kommen nur dann an, wenn sie aufrichtig gemeint sind und die innere Haltung widerspiegeln. Manchmal braucht es etwas Übung, das Wertschätzende im Gegenüber (und bei sich) zu entdecken und auszusprechen. Es lohnt sich auf alle Fälle: Wertschätzung ist wie Doping für unsere Zusammenarbeit – allerdings ohne Nebenwirkungen. Übrigens können auch kritische Äußerungen wertschätzend erfolgen. Wertschätzender Umgang ist weit entfernt von „Lobhudelei“.

Wertschätzung: Metakompetenzen für die 20iger Jahre

Neben Wertschätzung halte ich noch zwei weitere Kompetenzen für die interne Kommunikation auch oder vor allem in Krisenzeiten für wichtig: Beobachtung 2. Ordnung, über die ich bereits geschrieben habe, und die Organisation von Feedback. Darüber schreibe ich in meinem nächsten Blogartikel.

Ich freue mich, wenn Sie dann wieder dabei sind.

Ihre Ulrike Führmann

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