Alle Jahre wieder …

Rituale in der internen Kommunikation

Rituale Interne Kommunikation

„Die interne Kommunikation ist dann gut, wenn alle Kollegen zur Weihnachtsfeier kommen.“ Diese Aussage erhielt ich in einem Beratungsgespräch als Antwort auf meine Frage: „Woran würden Sie merken, dass die interne Kommunikation in Ihrer Organisation erfolgreich ist?“

Im ersten Moment war ich überrascht. Das Ritual der Weihnachtsfeier sollte so wichtig sein? Doch dann wurde mir klar, dass das Wir-Gefühl für meinen Gesprächspartner eine bedeutsame Rolle für die Konzeption und Planung der internen Kommunikation spielt. Wie erleben Sie dieses Gefühl in Ihrem Unternehmen? Wie stehen Sie zu Ritualen? Lohnt es sich, darüber nachzudenken? Und was hat das alles mit interner Kommunikation zu tun? Langsam wird es Zeit, sich über die Weihnachtsfeier Gedanken zu machen – der 24. Dezember wird schneller kommen, als uns lieb ist.

Was sind eigentlich Rituale?

Rituale kennen alle, aber was ein Ritual genau ist, ist gar nicht so leicht zu erklären. Natürlich gibt es verschiedene wissenschaftliche Erläuterungen. Für mich ist eine pragmatische Definition diese: Rituale entstehen durch kollektives Handeln und zeichnen sich durch Wiederholungen, eine symbolische Bedeutung sowie eine bestimmte Ordnung oder Inszenierung aus.

Welche Wirkung haben Rituale im Unternehmen?

Rituale sind also herausgehoben aus dem Alltag. Sie fördern das Gemeinschaftsgefühl (wenn sie von allen akzeptiert sind!) und schaffen Momente der Erinnerung und der Selbstversicherung des Unternehmens. Sie verkörpern Vergangenheit und Zukunft: „Erinnert Ihr Euch noch an das letzte Jahr bei der Weihnachtsfeier, als wir …!“

Rituale vermitteln einen Sinn, auch wenn der nicht immer explizit für alle erkennbar oder erklärbar ist. Außerdem ist ein Ritual ein Motivationswerkzeug, das Vertrauen schafft und Orientierung gibt.

Sind Rituale altmodisch?

Ja und nein. Die Funktion von Ritualen ist nicht altmodisch, aber es ist möglich, dass das eine oder andere Ritual im Unternehmen im Laufe der Zeit altmodisch geworden ist und einen frischen Anstrich benötigt. Rituale sind jedoch tief in der Unternehmenskultur verankert. Das bedeutet, dass sich Rituale zwar ändern lassen, was aber je nach Beständigkeit der Kultur mehr oder weniger aufwendig ist.

Wer das Ritual der Weihnachtsfeier dennoch auffrischen möchte, sollte genau überlegen, welche Grundannahmen und Werte sie oder er antastet. Nicht, dass es zu einem harten Kulturbruch kommt. Neue und junge Mitarbeiter:innen eignen sich übrigens gut, moderne Einflüsse und frische Ideen einzubringen.

 Wie unterscheiden sich Rituale und Routinen?

Die Bedeutung der Symbolik spielt also eine große Rolle und grenzt Rituale von Routinen ab.

„Rituale bewirken, was sie symbolisch darstellen.“

„Rituale bewirken, was sie symbolisch darstellen“, erläutert Barbara Stollberg-Rilinger, Professorin an der Uni Münster.  Der Übergang ist fließend: Rituale brauchen die Symbolik. Routinen entstehen dadurch, dass Handlungen durch stetige Wiederholungen zur Gewohnheit geworden sind. Die Montagsbesprechung – eigentlich eine Routine – wird zu einem Ritual, wenn man sie durch Symbolik auflädt, z. B. ein gemeinsames Mittagessen im Anschluss.

Kann die Weihnachtsfeier aus Kostengründen gestrichen werden?

Wenn die Weihnachtsfeier zum Standardrepertoire der Rituale gehört, sollte auch bei Sparzwängen nicht auf sie verzichtet werden. Es gibt viele preiswerte Möglichkeiten, zusammenzukommen und zu feiern. Wenn die Thematik offen und transparent kommuniziert wird, könnte es sogar zu einem kleinen Kulturwandel kommen.

Was ist Ihre Rolle in der internen Kommunikation beim Ritual Weihnachtsfeier?

Zunächst gilt es zu klären, wer für die Organisation der Weihnachtsfeier zuständig ist: die Ansprechperson für die interne Kommunikation, die Personalabteilung oder vielleicht sogar die Geschäftsführung selbst? Wer ist die Gastgeberin? Oder organisieren die Mitarbeitenden die Weihnachtsfeier selbst? Das hebt sicherlich die Akzeptanz. Zudem kann die Vorbereitung bereits zum Ritual gehören.

Wie eine Weihnachtsfeier aussehen soll, bestimmen ebenfalls die Tradition und die Kultur: Geht es sportlich zu und die Kolleg:innen treffen sich im Indoor-Kletterpark oder beim Bowling? Liegt der kulinarische Aspekt im Fokus, trifft man sich auf einen Spaziergang durch die festlich erleuchtete Stadt mit einem Stopp auf dem Weihnachtsmarkt oder beim gemütlichen Essen? Und wenn Wert auf lockere Atmosphäre gelegt wird, ist eine After-Work-Party am Arbeitsplatz mit Pizza, Wein und guter Musik ein passendes Ambiente.

Egal, für welche Form Sie sich entscheiden, versuchen Sie, die Weihnachtsfeier so zu gestalten, dass ein rundes Bild Ihrer gesamten internen Kommunikation entsteht. Haben Sie dabei alle anderen Rituale im Hinterkopf? Fehlt etwas oder sollte das eine oder andere Ritual verändert werden?

Welche Rituale in der internen Kommunikation gibt es ?

Hilfreich für eine Analyse von Ritualen finde ich die Systematisierung von Lars Göhler. Sie zeigt, dass es im Unternehmen oft mehr Rituale gibt, als wir denken, die eine Rolle in der internen Kommunikation spielen. Er unterscheidet:

  • Zyklische Rituale werden nach einem vorgegebenen Zeitplan durchgeführt. In der internen Kommunikation sind das zum Beispiel das lockere Sommerfest, die atmosphärische Weihnachtsfeier oder das jährliche Heringsessen.
  •  Gelegentliche Rituale werden zu bestimmten Ereignissen zelebriert und stellen vor allem Übergangsrituale dar. In der internen Kommunikation sind das zum Beispiel eine getragene Feier zur Beförderung, die fröhliche Kuchenrunde vor dem Urlaub oder die feierliche Verabschiedung in den Ruhestand.
  •  Wunsch-Rituale finden auf speziellen Wunsch eines Mitarbeiters statt. In der internen Kommunikation gehört dazu zum Beispiel das stolze Begießen der Geburt eines Kolleg:innen-Babies oder die lustige Geburtstagsfeier.

Ob mein Gesprächspartner sein Ziel erreicht hat, dass alle KollegInnen zur Weihnachtsfeier erschienen sind? Ich weiß es noch nicht. Nach Weihnachten werde ich ihn kontaktieren und nachfragen.

Bildnachweis: thinkstock rvika – Bildbearbeitung: Freyja Kok

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