Raus aus dem Schubladendenken

So lösen Sie den Widerstand gegen den Widerstand auf

Widerstand gegen den Widerstand ist eine besondere Form des Widerstands.

Hand aufs Herz: Wie reagieren Sie, wenn Sie als IK- oder auch Change-Verantwortliche auf Widerstand stoßen? Verdrehen Sie die Augen? Ärgern Sie sich? Werten Sie vielleicht sogar den Widerstand ab? Nachvollziehbar wäre es, besonders wenn viel Arbeit in den Veränderungsprozess und die Kommunikation geflossen ist. Aber im Grunde reagieren Sie genauso, wie Sie es den vermeintlichen Widerständlern nachsagen. Sie befinden sich im Widerstand, genau genommen im Widerstand gegen den Widerstand.

Fühlen Sie sich angesprochen? Falls ja, schlage ich Ihnen vor, diesen besonderen Widerstand nach und nach aufzulösen. Die Hinweise und Empfehlungen in meinem heutigen Blogartikel können Ihnen dabei von Nutzen sein.

1. Überprüfen Sie ihre eigene Haltung zum Widerstand.

Manchmal „schießen“ wir uns auf vermeintlich widerständige Personen ein und legen jegliches Verhalten schnell als Protest aus. So deuten wir zum Beispiel Nachdenklichkeit als Stillstand oder Rückfragen als Ablehnung.

Wenn Sie bemerken, dass Sie zu schnell werten, halten Sie kurz inne. Und entschlüsseln Sie so nach und nach Ihren Widerstand gegen den Widerstand. Dabei können Ihnen diese Reflexionsfragen helfen:

  • Was passiert genau, damit Sie zu den vermeintlichen Widerständlern in Widerstand gehen?
  • In welche Muster verfallen Sie? Was triggert Sie?
  • Welches Selbstbild und welches Menschenbild liegen Ihrem abwehrenden Verhalten zu Grunde?
  • Was bräuchten Sie als „Türöffner“, um dem „Eigensinn“ der Mitarbeitenden offen und neugierig zu begegnen?

2. Kommen Sie dem Widerstand auf die Schliche und hinterfragen Sie Ihre eigene Arbeit.

Eine andere Möglichkeit, sich auf die Schliche zu kommen: Hinterfragen Sie Ihre eigene Arbeit. Was haben Sie in der Konzeption und in der Umsetzung übersehen, dass es zu Widerspruch kommen konnte? Was könnte Ihr fachlicher Anteil daran sein?

Überprüfen Sie, ob Sie sauber konzeptioniert und umgesetzt haben. Diese Fragen helfen Ihnen beim Check:

  • Sind für die Bezugsgruppen die Hintergründe, die Ausrichtung und die Ziele nachvollziehbar?
  • Ist die Veränderungsstory klar aufgebaut und verständlich kommuniziert?
  • Sind die Absender:innen der Veränderungsbotschaften glaubwürdig?
  • Wissen die Bezugsgruppen, was von Ihnen erwartet wird und was sie konkret tun sollen?
  • Was brauchen Ihre Bezugsgruppen noch, um sich besser auf die neue Situation einzustellen?

3. Vermeiden Sie Schubladendenken.

Achten Sie auf Ihre Wortwahl und verzichten Sie sehr bewusst auf Bezeichnungen wie Bremser, Angsthasen, „Ewig-Gestrige“ oder Bedenkenträger. Mit dieser „Schubladisierung“ würde sonst eine emotional aufgeladene Dynamik in Gang kommen, die erst recht den Veränderungsprozess ausbremst. Eine (erneute) abwehrende, vielleicht sogar aggressive oder trotzige Haltung könnte die Folge sein. Der Teufelskreis nimmt dann an Fahrt auf: Die gegenseitigen Schuldzuweisungen werden zunehmen, und das Schubladendenken und damit das widerständige Verhalten wird sich weiter verfestigen.

Lösen Sie Ihre eigene Handbremse.

Ihre Haltung wird dazu beitragen, wie schnell und wirkungsvoll der Veränderungsprozess fortschreiten kann. Lösen Sie deswegen Ihre eigene Handbremse, bevor sie dies von Ihren Bezugsgruppen erwarten. Klären Sie sich und hinterfragen Sie sich regelmäßig. So gelingt es Ihnen, mit dem Widerstand zu schwimmen und nicht gegen ihn.

Die Visualisierung von Brigitte Seibold

Ich freue mich sehr, dass Brigitte Seibold die Visualisierung passend zu diesem Blogbeitrag gestaltet hat. Wir kennen uns seit vielen Jahren, und ich schätze ihre Arbeit sehr. Brigitte ist Diplom-Ingenieurin und gehört zu den Pionier:innen des Visualisierens in Deutschland.

Ihr Unternehmen Prozess&Bilder ist darauf spezialisiert, Visualisierung in der Arbeit mit Menschen und Organisationen zu nutzen. Mit Moderation und Visualisierung begleitet sie Lern- und Veränderungsprozesse, zum Beispiel Workshops, Großgruppenkonferenzen, Strategieentwicklungen oder Tagungen. Sie veranstaltet Seminare rund um das Thema „Visualisierung“, die ich sehr empfehlen kann. Vor allem, weil ihre Graphic recordings nicht nur inspirierende Bildlandkarten sind, sondern auch ein wirkungsvolles Instrument, um Themen oder Prozesse zu klären. Und weil es einfach Spaß macht!

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