Ein Medienhaus erfindet sich neu: Bericht aus der Kultur-Transformationswerkstatt

Kulturveränderungen in der Praxis

IK-Blog-Bosse

„Wir sind 2016 das erfolgreichste regionale Medienhaus Deutschlands!“ „Wow!“, dachte ich, „das ist mal ´ne Ansage.“ Wir sitzen alle in einem großen Kinosaal in Osnabrück und unsere Geschäftsführung erzählt uns von ihrer neuen Vision und der neuen Strategie. Die Digitalisierung hat uns als Medienhaus bereits voll erwischt: frei verfügbarer Content auf zahlreichen Kanälen, Auflagen und Werbeerlöse sinken und keine Lösung in Sicht – zumindest nicht die EINE Lösung. Das klingt nicht wirklich vielversprechend. Und doch stellen wir uns gerade breitschultrig hin und träumen von einer Zukunft, die positiv ist, die uns stolz und erfolgreich macht?

„Cool“, dachten wir, die Optimisten. „Agieren statt reagieren. Das klingt nach einer guten Idee.“ Einige waren auch perplex („So was hat es bei uns doch noch nie gegeben.“), grimmig („Das bedeutet bestimmt wieder mehr Arbeit.“) oder teilnahmslos („Sollen die mal machen.“). Das war Anfang des Jahres 2011 und der Start unserer Transformation. Mit viel Konsequenz, viel Ausdauer und einem Schritt nach dem anderen haben wir unsere Unternehmenskultur neu gestaltet und unsere Strategie aktiv umgesetzt – stets mit Blick auf die gemeinsame Vision.

noz_medien_kleinHeute sind wir, NOZ MEDIEN, deutlich gewachsen und haben uns positiv entwickelt: von 800 auf über 3.000 Mitarbeiter, von 20 auf über 70 Unternehmen. Wir sind in drei Bundesländern aktiv und zählen mittlerweile zu den zehn größten Zeitungsverlagsgruppen Deutschlands. Ich sitze im Kino in Osnabrück und staune. Wir haben es geschafft: Wir sind das erfolgreichste regionale Medienhaus Deutschlands – und stolz.

Vor zwei Jahren habe ich diesen spannenden Prozess übernommen. Ich möchte Ihnen einen Einblick in den Werkzeugkasten geben, den wir, unsere Geschäftsführung, meine Vorgängerin und ich, für eine erfolgreiche Kulturtransformation entwickelt haben:

1. Großer Traum – kleine Schritte

Transformation braucht beides: einen großen Traum und viele kleine Schritte. Durch kleine Schritte in den Bereichen Unternehmenskultur und Unternehmensstrategie erzeugten alle Mitarbeiter gemeinsam Druckkraft auf den Traum, die Vision.

Transformation braucht beides: einen großen Traum und viele kleine Schritte.

Die Vision der Geschäftsführung gab meinen Kollegen und mir eine klare Orientierung. Sie erzeugte Zugkraft und weckte Emotionen bei uns.

2. Der Fisch stinkt vom Kopf

Wichtig war, dass die Initialzündung für diesen Prozess von unserer Geschäftsführung kam. Ich habe erfahren, dass Kulturtransformation nur Top-down gelingen kann – wenn Führungskräfte Vorbilder und Multiplikatoren der neuen Kultur sind. Der erste wichtige Schritt war die Bildung einer Führungsmannschaft mit einer einzigartigen Identität und Leadership-Kompetenzen.

3. Aufbau psychologischer Kompetenz

Transformation braucht sofort psychologische Kompetenzen. Diese Ressource gab es bei uns nicht. Wir entschieden uns, externe, professionelle Berater zu holen, die uns coachten, trainierten und wie „Hebammen“ im Prozess eng unterstützten. Langfristig lehrten sie uns auf eigenen Beinen zu stehen und psychologische Kompetenz aufzubauen.

4. Kultur ist nicht delegierbar

Kultur ist – genauso wie Strategie – nicht delegierbar und aus diesem Grund bei NOZ MEDIEN eine eigene Stabstelle.

Kultur ist genauso wie Strategie nicht delegierbar.

Zusammen mit den Bereichen Strategie und Kommunikation arbeiten wir als Team an ganzheitlichen Konzepten – immer im Sinne der Vision unseres Hauses.

5. Werte geben Orientierung

In den gesamten fünf Jahren gaben uns die Unternehmenswerte Orientierung, dienten als Grundlage für Entscheidungen, verbesserten die Kommunikation und die Zusammenarbeit. Sie sind die Leitplanken im gesamten Prozess und wurden von mehr als 100 Kollegen gemeinsam erarbeitet.

6. Starke Beziehungen und mehr Autorenschaft

Unserem Team und der Geschäftsführung war es wichtig, zu Beginn Beziehungsbrücken aufzubauen und diese anschließend zu pflegen. Unsere Mitarbeiter haben wir ermutigt, als Autoren zu agieren und mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. In zahlreichen Klein-Workshops und zwei großen Event-Workshops mit allen Mitarbeitern haben wir unsere Basismodelle vermittelt.

7. Jeder leistet seinen Beitrag

Jeder unserer Mitarbeiter war von der Kulturveränderung betroffen. Wir machten alle Betroffenen zu Beteiligten und stellten jedem Mitarbeiter folgende Frage: „Was ist mein individueller Beitrag zum Erreichen der Vision?“ Zudem fragten wir: „Wie möchtet ihr euch als Team weiterentwickeln?“ und „Wie könnt ihr euren Erfolg messen?“.

8. Ganzheitliche Fitness für alle

Wir wollen Ende 2016 ganzheitlich fitter ankommen als wir Anfang 2011 gestartet sind – das Unternehmen insgesamt, aber auch jeder einzelne Mitarbeiter. Das bedeutet mit mehr Orientierung, mehr Fokus, mehr Verbindlichkeit und mehr Energie. Wir entwickelten neue Angebote für unsere Mitarbeiter, die alle Fitnessebenen bespielen: die spirituelle, die mentale, die emotionale und die physische Fitness.

Ueberblick_Kulturprozess_klein9. Bilder sagen mehr als tausend Worte

Für vollständige Transparenz sorgen die beiden neuen Bereiche „Unternehmenskultur“ und „Unternehmensstrategie“ im Intranet. Zudem haben wir ein eigenes Corporate Design für den Kulturprozess im Graphic-Recording-Stil entwickelt. Dieses Design nutzen wir auch für unsere Workshops und mittlerweile profitiert die gesamte interne Kommunikation von diesem Layout. (Klicken Sie auf das linke Bild, um es zu vergrößern.)

10. Ein Team für die Kultur

Mehr als 20 Kulturbegeisterte aus allen Unternehmensbereichen stehen dem Kulturprozess als Botschafter zur Seite. Sie unterstützen mich und die Führungskräfte, arbeiten in Teams an neuen Angeboten der ganzheitlichen Fitness und fungieren als erste Ansprechpartner in den Unternehmensbereichen.

11. Und? Wie messen wir es?

Ende 2015 haben wir zum dritten Mal unsere Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Wir messen, wie zufrieden unsere Mitarbeiter sind und in welchen Bereichen es Schwächen, Potentialfelder und Stärken gibt. Erfreulicherweise ist die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter in den letzten fünf Jahren deutlich gestiegen. Es gibt kaum noch Schwächen, einige Potentialfelder und ganz viele Stärken, die wir zukünftig weiter ausbauen möchten.

Wie geht es weiter?

Vom_miteinanderAktuell arbeiten wir bereits wieder an einer neuen Vision und einem neuen Zukunftsbild und verknüpfen Unternehmenskultur und Unternehmensstrategie noch enger. Ich bin überzeugt, dass das Neue noch viel größer und besser sein wird und blicke positiv in unsere Zukunft. Wir sind beim Miteinander angekommen und starten jetzt ins Füreinander.

DIE AUTORIN

Eva Boße leitet seit Sommer 2015 den Kulturprozess bei NOZ MEDIEN. Sie wurde 1986 in Rheine geboren und studierte Kommunikationsmanagement an der Hochschule Osnabrück am Campus Lingen und an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur. Bei NOZ MEDIEN ist sie seit zehn Jahren tätig und arbeitete dort in verschiedensten Funktionen in der Vermarktung, bevor sie 2014 in die Unternehmenskommunikation wechselte. Neben der Kommunikation zählen die Bereiche Mediation, Coaching, Training und Moderation zu ihren Qualifikationen für den Bereich Unternehmenskultur.

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