Prof. Schach über Herausforderungen, Fehler und Konzepte in der Krise

Interne Kommunikation in Krisenzeiten

Prof. Schach gibt Einblicke in die interne Kommunikation in Krisenzeiten.

Was für ein Glücksgriff: Frau Prof. Dr. Annika Schach von der Hochschule Hannover nimmt sich in diesen turbulenten Tagen die Zeit für ein Interview auf dem IK-Blog. Glücksgriff, weil sie eine ausgewiesene Expertin für Krisenkommunikation ist und aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf das Thema blickt: als PR- und Kommunikationsprofi mit Erfahrung in der Wirtschaft und Verwaltung, als Professorin und als Fachbuchautorin, u.a. zur Krisenkommunikation. So gibt sie heute Einblicke in die interne Kommunikation in Krisenzeiten.

Guten Morgen, Frau Prof. Dr. Schach: Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen. Ich gehe davon aus, dass Sie und Ihre Familie gesund sind – oder?

Ja, vielen Dank, uns geht es gut.

Wo erreiche ich Sie gerade? Im Homeoffice?

Ja, Sie erreichen mich im Homeoffice. Mein Mann und ich koordinieren uns zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung zu Hause. Als Professorin bin ich das Arbeiten von zu Hause gewöhnt. Die Koordination der gesamten Arbeit im Homeoffice ist allerdings neu.

Sie haben schon viele Krisen als Expertin begleitet und dazu auch publiziert. Was ist bei dieser „Mega-Krise“ anders?

Diese Krise unterscheidet sich schon deutlich von anderen kritischen Situationen. Diese Pandemie betrifft alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteure gleichermaßen. Die Maßnahmen schränken alle Mitarbeitenden in ihrem ganz persönlichen Arbeitsumfeld ein und das Thema ist so bestimmend, dass die gesamte externe Kommunikation gestoppt, auf den Prüfstand gestellt oder verändert werden muss. Die Herausforderungen für die interne und externe Kommunikation sind also jetzt ganz außergewöhnlich.

Welchen großen Fehler sollten die Verantwortlichen der internen Kommunikation in diesen Zeiten nicht machen?

Dieses Vertrauen in die interne Kommunikation gilt es zu bestätigen.

Eine Befragung des Edelman Trust Barometers zum Corona-Thema hat jetzt herausgefunden, dass die Menschen ihren Arbeitgebern mit 63 Prozent in der Krise stärker vertrauen als den Medien mit nur 51 Prozent. Dieses Vertrauen in die interne Kommunikation gilt es zu bestätigen. Unternehmen müssen den Spagat zwischen einer zentralen, stringenten Kommunikation der Unternehmensleitung und der diversen individuellen Kommunikation der einzelnen Abteilungen mit ganz unterschiedlichen Anforderungen meistern. Die Kommunikation muss dialogisch sein und spezifische Fragen aufnehmen, bündeln und beantworten. Und drittens ist es wichtig, dass Entscheider*innen und Menschen, die die operative Kommunikationsarbeit machen, eng zusammenarbeiten – damit nicht Stille-Post-Effekte die Kommunikation erschweren.

Welche Rolle spielen Konzeption und die Strategie in der internen Kommunikation in Krisenzeiten? Im Moment höre ich öfter: „Dafür haben wir nun tatsächlich gerade keine Zeit.“

Es kommt drauf an, was man unter Kommunikationsstrategie und Konzeption versteht. Sicherlich setzt sich in dieser dynamischen Situation keiner hin und formuliert ein Kommunikationskonzept. Aber Elemente der strategischen Kommunikation sollten durchaus beachtet werden: Welche Verhaltensziele möchte ich erreichen, mit welchen Stakeholdern kommuniziere ich wann und mit welchen Botschaften und wie sieht meine Kommunikationsdramaturgie aus? Es zeigt sich in dieser Krise wieder einmal, dass eine präventive Krisenkommunikationsstrategie für wirklich alle Unternehmen sinnvoll ist.

Ich höre jetzt ebenfalls aus Unternehmen, dass diese Krise auch Chancen bietet. Ist es ein probates Mittel in der internen Kommunikation, auf das „Gute im Schlechten“ hinzuweisen?

Da kann eine zu optimistische Kommunikation leicht missverstanden werden.

Sicherlich werden in dieser Situation Dinge ausprobiert, die unter normalen Umständen nicht denkbar gewesen wären. Stichwort Homeoffice, digitale Zusammenarbeit. Das bietet sicherlich Chancen. Mit der Kommunikation der Chancen zu diesem Zeitpunkt wäre ich allerdings vorsichtig, denn die Betroffenheit sehr vieler Menschen durch Existenzängste, wirtschaftliche Sorgen und fehlende Kinderbetreuung ist doch sehr hoch. Da kann eine zu optimistische Kommunikation leicht missverstanden werden.

Seit fast drei Wochen befinde ich mich mit meiner Familie in selbstgewählter, räumlicher „Isolation“. Gerade entwickle ich Fantasien, was ich machen möchte, wenn ich mich wieder frei bewegen kann. Ich möchte zum Beispiel in einem Berliner Café – im größten Getümmel – einen Aperitif trinken. Was werden Sie tun?

Das geht mir ähnlich. Bei allen Vorteilen von Videokonferenzen freue ich mich darauf, mich mit Menschen direkt zu unterhalten – ohne Abstand und Face-to-face.

Annika Schach

ist seit 2013 Professorin für Angewandte Public Relations an der Hochschule Hannover. Zuvor arbeitete sie in der Unternehmenskommunikation und als PR-Beraterin in Agenturen. Im Jahr 2018/19 leitete sie den Bereich Kommunikation der Landeshauptstadt Hannover im Rahmen einer Abordnung. Aktuell leitet sie die Stabsabteilung Kommunikation und Marketing der Hochschule Hannover. Ihr Schwerpunkt in Forschung und Lehre ist Konzeption, Sprache in der PR und Krisenkommunikation. Jüngst ist zu diesem Thema ihr Herausgeberwerk „Professionelle Krisenkommunikation“ mit Jana Meißner erschienen.

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