Prof. Dr. Huck-Sandhu über den Wandel der internen Kommunikation

Interne Kommunikation aus wissenschaftlicher Perspektive

Sandhu-IK-Blog

Gerade ist der von Frau Prof. Dr. Huck-Sandhu herausgegebene Band „Interne Kommunikation im Wandel“ erschienen. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus der Wissenschaft beleuchtet sie das Feld „Interne Kommunikation“ aus theoretischer und empirischer Perspektive und greift auf aktuelle Forschungsergebnisse zurück. Nach der interessanten Lektüre wusste ich, dass ich Simone Huck-Sandhu für ein Interview auf meinem IK-Blog gewinnen wollte. Ich hatte Glück: Sie hat sich die Zeit genommen und meine Fragen schriftlich beantwortet.

Frau Prof. Dr. Huck-Sandhu, welche Erkenntnisse haben Sie bei der Zusammenstellung des Bandes „Interne Kommunikation im Wandel“ besonders überrascht?

IK-im-Wandel-IK-BlogDer Band geht auf eine PR-Fachgruppentagung zurück, die Ende 2014 bei uns an der Hochschule Pforzheim stattgefunden hat. Mich hat schon positiv überrascht, wie viele Einreichungen es für die Tagung gab und wie groß die inhaltliche Bandbreite war. Denn zur internen Kommunikation wird im deutschsprachigen Raum bislang eher wenig geforscht. Es ist kein Thema, zu dem jeder Kollege etwas Passendes aus der Schublade ziehen kann. Deshalb haben wir in der DGPuK-Fachgruppe PR und Organisationskommunikation das Forschungsfeld interne Kommunikation ganz bewusst auf die Agenda gesetzt. Und dass dann tatsächlich so viele Kollegen der Einladung gefolgt sind, sich in das Feld „einzudenken“, war eine schöne Überraschung.

Das jetzt erschienene Buch zeigt, dass dieses „Eindenken“ zu einem „Neudenken“ und „Querdenken“ geführt hat. Zum Beispiel in dem Beitrag von Ulrike Buchholz von der Hochschule Hannover, die ihr Konzept der Kommunikation in resilienten Organisationen vorstellt und erklärt, wie interne Kommunikation Mitarbeitern in sich wandelnden Umwelten Orientierungssicherheit bieten kann. Oder in der Untersuchung von Sabine Einwiller und Christine Korn von der Universität Mainz, über die Auswirkungen negativer Medienberichterstattung über ein Unternehmen auf die Mitarbeiter.

Ebenso spannend kann auch reflexive Forschung sein, also die „Nabelschau“ der Forschung selbst. Robert Caspar Müller und Jürgen Schulz von der Universität der Künste Berlin haben sich mit dem Bild vom Mitarbeiter in der Literatur auseinandergesetzt. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, welches Bild vom Mitarbeiter Sie haben? Gehen Sie vom optimierbaren, vom souveränen oder vielleicht doch eher vom postmodernen Mitarbeiter aus? Und wie wirkt sich diese implizite Vorstellung auf Ihre Kommunikationsarbeit aus?

Warum erscheint es so schwer, ein einheitliches Verständnis von interner Kommunikation zu schaffen?

Der Begriff der internen Kommunikation bezeichnet zwei Dinge: die Kommunikation von Organisationen mit ihren Mitarbeitern und die Kommunikation in Organisationen.

Das fängt damit an, dass mit dem Begriff der internen Kommunikation zwei verschiedene Dinge bezeichnet werden: einerseits die Kommunikation von Organisationen mit ihren Mitarbeitern, also Mitarbeiterkommunikation oder „interne PR“ wenn man so will, und andererseits die Kommunikation in Organisationen insgesamt, d. h. alle formalen und informellen Kommunikationsprozesse zwischen Organisationsmitgliedern. Im ersten Verständnis fällt die interne Kommunikation in die Zuständigkeit der PR-Forschung, im zweiten Verständnis wird sie vom Forschungsfeld Organisationskommunikation untersucht. Das Buch nimmt beide Perspektiven auf und versucht, die Brücke zwischen PR und Organisationskommunikation zu schlagen.

Mein IK-Blog richtet sich an Verantwortliche der internen Kommunikation in Unternehmen. Deswegen ist die Frage der praktischen „Verwertbarkeit“ Ihrer Forschungsergebnisse natürlich interessant. „Wie können Ihre Erkenntnisse in der Praxis angewendet werden?

Eine direkte praktische Verwertbarkeit bieten Erkenntnisse aus Fallstudien, konzeptionellen Beiträgen oder empirischen Untersuchungen. Die vorhin schon angesprochene Studie zur Wirkung negativer Berichterstattung zum Beispiel formuliert Hinweise, wie Mitarbeiter- und Führungskräftekommunikation im Krisenfall aussehen kann. Einen ähnlichen Nutzwert bieten Fallstudien zur internen Krisenkommunikation in Ämtern oder zu Strategien der internen Veränderungskommunikation.

Aber auch einige der stärker theorieorientierten Beiträge sind „verwertbar“. Sie können als Denkanstoß oder Inspiration für die eigene Kommunikationspraxis dienen. In meiner Einleitung zum Buch berichte ich zum Beispiel aus unserer Längsschnittstudie „Interne Kommunikation in Deutschland“.

Klaus Spachmann von der Universität Hohenheim und ich fragen seit 2008 alle anderthalb Jahre die Verantwortlichen für interne Kommunikation der 500 umsatzstärksten Unternehmen, was sich verändert, welche Themen aktuell sind oder wo sich Trends abzeichnen. Die Ergebnisse helfen Kommunikationsverantwortlichen dabei, aktuelle Entwicklungen für ihr Unternehmen einzuschätzen. Sie können von den Erfahrungen anderer Unternehmen profitieren und manchmal ist allein die Bestätigung oder die Erkenntnis hilfreich, dass Kollegen mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen haben.

Spinnen wir den Faden Ihrer Forschungen weiter. Was denken Sie: Worauf werden wir uns einstellen (müssen)? Wie wird die Entwicklung weitergehen?

Unsere Top-500-Umfragen zeigen, dass die Grenzen zwischen „innen“ und „außen“ immer stärker fließender werden. In- und Umwelten sind volatiler geworden, Mitarbeiter werden zunehmend kritischer und die Zahl der Medien und Kanäle hat sich vervielfacht. Damit stellen sich neue Fragen nach der Plan- und Steuerbarkeit interner Kommunikation, aber auch nach der Themenwahl in Verbindung mit zielgruppen- und kanalspezifischer Aufbereitung. Unsere letzte Umfrage vom Herbst 2014 zeigt, dass in Zusammenhang mit internen Social-Media-Anwendungen gerade die klassischen Fragen der Unternehmens- und Kommunikationskultur wieder wichtig oder wichtiger werden.

Was interessiert Sie an interner Kommunikation? Warum beschäftigen Sie sich ausgerechnet mit diesem Thema?

Interne Kommunikation beschäftigt mich seit meinem ersten Ferienjob in der Produktion. Am Band habe ich erlebt, wie groß die Distanz zwischen uns Arbeitern da unten und „den Krawatten“ dort oben war.

Am Band habe ich erlebt, wie groß die Distanz zwischen uns Arbeitern da unten und ‚den Krawatten‘ dort oben war.

Diese Erfahrung hat mein Verständnis für Notwendigkeit und Nutzen, aber auch für Hindernisse einer zielgruppenorientierten Kommunikation nachhaltig geprägt. Wenn ich heute in Praxisleitfäden lese, wie man „die“ Mitarbeiter am besten informiert und motiviert, denke ich an die Vielfalt der kulturellen Hintergründe, an die unterschiedlichen Medienkompetenzen und individuellen Themeninteressen meiner damaligen Teamkollegen zurück. Und daran, wie die Mitarbeiterzeitschrift zwar reißenden Absatz fand, aber alle nur am Gewinnspiel auf der letzten Seite interessiert waren.

Herzlichen Dank für Ihre Erkenntnisse.

SIMONE HUCK-SANDHU

Sie ist Professorin für Public Relations an der Hochschule Pforzheim. Nach dem Studium der Kommunikationswissenschaft erfolgten Promotion und Habilitation an der Universität Hohenheim. In der Forschung beschäftigt sich Simone Huck-Sandhu mit Fragen der strategischen Kommunikation, ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen interne Kommunikation, Kommunikationsmanagement und Innovationskommunikation.


6 Kommentare
25.02.16, 18:13 Uhr

Danke für den Beitrag. Das Buch werde ich mir als Mitarbeiter der Internen Kommunikation in einem großen Konzern bestimmt durchlesen. Schmunzeln muss ich immer über die „Krawatten“-Metapher. Kaum eine Führungskraft trägt heute noch Krawatte, sondern versucht sich durch offenen Hemdkragen „gemein“ zu machen.

  • 25.02.16, 21:08 Uhr

    Guten Abend, Herr Balazs,

    danke für Ihren Kommentar. Nun haben Sie mich zum Schmunzeln gebracht mit Ihrer Formulierung: „…versucht sich durch offenen Hemdkragen „gemein“ zu machen.“

    Schöne Grüße,
    Ulrike Führmann

20.03.16, 9:54 Uhr

Ein sehr interessanter Artikel. Vielen Dank dafür. Ich bin gespannt, inwieweit die zukünftige Kommunikationsforschung auch die individuellen – und damit unterschiedlichen – Bedürfnisse der Kommunikationsbeteiligten in die Betrachtungen mit einbezieht. Kommunikation bedeutet nämlich für jeden Teilnehmer etwas ganz anderes, je nachdem, durch welche Stärken-Linse er die Welt betrachtet.
Beste Grüße
Carsten Seiffert

  • 21.03.16, 8:49 Uhr

    Guten Morgen, Herr Seiffert,

    vielen Dank für Ihren Kommentar. Bedeutung von Kommunikation für die Teilnehmer? Das Thema taucht in meinen Beratungen und Seminaren oft auf. Ich finde es immer wieder spannend, wie unterschiedlich der Blick auf interne Kommunikation ist. Brauchen wir dafür tatsächlich die Forschung oder besser einen gemeinsamen und wirksamen Moderationsprozess aller Beteiligten?

    Ihnen eine gute Woche und viele Grüße aus Berlin,
    Ulrike Führmann

Ursula schatzl
24.03.16, 18:13 Uhr

Danke für den artikel. Besonders spannend finde ich die Brücke zwischen organisationskommunikation und interner PR. Durch die vielen neuen online Kanäle und Plattformen über die wissen und Information ausgetauscht werden, fließen diese beiden Themen immer weiter zusammen und können nicht mehr isoliert betrachtet werden.
Lieben Gruß
U. Schatzl

  • 29.03.16, 9:17 Uhr

    Guten Morgen, Frau Schatzl,

    ich erlebe es auch, dass die Grenzen fließender werden und die Gebiete nicht mehr scharf zu trennen sind.

    Ihnen vielen Dank für den Kommentar und einen guten Start in die Woche,
    Ulrike Führmann

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