Wie sieht die Zukunft der internen Kommunikation aus? Ist die interne Kommunikation tatsächlich auf dem Weg, eine führende Position einzunehmen? Dazu sprach Frau Prof. Dr. Dr. Mast auf der depak-Tagung „Interne Kommunikation“ Anfang Juni 2016. Das Thema interessierte mich weiter, und ich fragte bei ihr schriftlich nach.
Frau Prof. Dr. Dr. Mast, warum ist es so schwierig, den Begriff „Interne Kommunikation“ zu definieren? Was verstehen Sie unter „Interner Kommunikation“?
Dieses Kommunikationsfeld kann man sehr eng fassen und letztlich auf ein professionelles Management von einzelnen Medienkanälen wie Mitarbeitermagazine, Intranet oder Newsletter reduzieren. Ein solches Verständnis von interner Kommunikation greift aber meines Erachtens in der heutigen Zeit viel zu kurz und trägt auch zu wenig zur Verstärkung von Motivation und Identifikation bei den Mitarbeitern bei.
Interne Kommunikation umfasst das gesamte Kommunikationsgeschehen in einer Firma.
Interne Kommunikation umfasst das gesamte Kommunikationsgeschehen in einer Firma – die formalisierten und die informellen Prozesse, z. B. Gerüchte, die Medienkommunikation wie auch die Führungskräftekommunikation, die Regelkommunikation ebenso wie die Kommunikationsabläufe in der Projektarbeit. Dieses Kommunikationsfeld als Ganzes zu bearbeiten, ist um ein Vieles schwieriger.
Bei verschiedenen Gelegenheiten – zuletzt auf der depak-Tagung „Interne Kommunikation“ – haben Sie betont, dass die interne Kommunikation das Zeug zur „leading position“ hat. Meinen Sie mit „Interner Kommunikation“ die Funktion oder die Institution, also die Abteilung oder die Verantwortlichen für die interne Kommunikation?
Viele Unternehmen krempeln derzeit ihre Kommunikationsabläufe um, um sich fit fürs digitale Zeitalter zu machen. Sie richten zum Beispiel Newsrooms ein oder betreiben eine sogenannte 360°-Kommunikation. Die Firmen entwickeln sich zu richtigen Knotenpunkten in den Online- und Offline-Kommunikationsverbindungen und individualisieren ihre Ansprache zu immer mehr Zielgruppen. All diese Konzepte brauchen jedoch einen Dreh- und Angelpunkt und klare Entscheidungen in der Kommunikationspraxis bei anstehenden Priorisierungen von Themen, Zeitpunkten und Zielgruppen.
Die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen hängt von der internen Kommunikation ab.
Hier sollte die Funktion „Kommunikation mit Mitarbeitern und Führungskräften“ nach meiner Überzeugung aus einer „leading position“ gedacht werden. Andernfalls drohen gravierende Verwerfungen, wenn sich Mitarbeiter und Führungskräfte nicht genügend wertgeschätzt fühlen. „PR begins at home.“ Wenn dieser Slogan nicht nur leere Rhetorik bleiben soll, sollte die interne Kommunikation den Beginn des Managementprozesses ausmachen und vorrangiges Augenmerk erhalten. Die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen und die Leistungskraft der Belegschaft hängen davon ab.
In Ihrem Buch „Unternehmenskommunikation“ schreiben Sie, dass Sie die Verantwortlichen in der Abteilung „Interne Kommunikation“ als Wächter oder auch als Initiatoren für bessere Kommunikationsbeziehungen sehen. Wie können die IK-Manager es schaffen, auf die Führungskräfte einzuwirken?
Am Anfang steht die tatkräftige Unterstützung der Führungskräfte in all den Kommunikationsaufgaben, die diese im Alltag mit ihren Mitarbeitern, aber auch in der Projektarbeit, bei Kunden oder in der externen Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel bei Veranstaltungen, bewältigen müssen. Ob diese Kommunikation gelingt, ist nicht nur Sache der Manager, sondern hängt auch vom Selbstverständnis der Verantwortlichen für die IK ab. Sehen sie sich auch als Berater und Coach der Führungskräfte oder eben nur als Medienmanager oder Mediengestalter? Wenn die IK sich nämlich nur als professioneller Manager der Newsletter, Online-Magazine oder Corporate News in den internen Netzen versteht, agiert sie nicht als Partner, Vermittler und manchmal auch Konfliktschlichter in der alltäglichen Führungskräftekommunikation. Wie aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade diese Kommunikation mit und durch ihre Führungskräfte erleben, ist alles entscheidend.
Brauchen die IK-Manager dann andere, zusätzliche Kompetenzen, z. B. im Coaching?
In erster Linie müssen sie meines Erachtens über ihr Selbstverständnis nachdenken und die dominante Medienzentrierung ihrer Arbeit überdenken.
Die IK-Manager müssen über ihr Selbstverständnis nachdenken.
Interne Kommunikation ist mehr als das professionelle Füllen von Websites oder das Verschicken von Newslettern.
Wie sehen dabei die Zusammenarbeit und die Schnittstellen mit der Abteilung Personal/Personalentwicklung oder auch mit der Abteilung „Organisationsentwicklung“ – sollte es sie geben – aus? Wie kann hier eine gute Zusammenarbeit funktionieren?
Zu allen diesen Bereichen braucht die IK natürlich enge und funktionierende Arbeitsbeziehungen und vor allem schnelle Informationswege. Aber nicht nur – die interne Kommunikation sollte auch ganz nah zu anderen Funktionsbereichen im Unternehmen agieren, – zum Beispiel Vertrieb, Produktion oder IT. Und nicht zu vergessen: die Nähe zu den Vorständen und Geschäftsführungen.
Viele neue (alte) Themen werden gerade diskutiert, z. B. neue Organisationsformen, wie Soziokratie, das demokratische Unternehmen oder Themen wie Agilität, Resilienz, künstliche Intelligenz. Spielen wir Orakel: Wie wird die interne Kommunikation in zehnJahren aussehen?
Die digitalen Kommunikationskanäle werden vermutlich vielfältiger und die Kommunikationsprozesse noch individualisierter. Was aber – auch in zehn Jahren – nach meiner Überzeugung noch wichtiger sein wird, ist die Face-to-Face-Kommunikation, die letztlich für Orientierung sorgt und Wertschätzung vermittelt. Das persönliche Gespräch und der persönliche Kontakt werden umso unverzichtbarer, je komplexer und auch schneller die Arbeitsprozesse in den Firmen ablaufen. Mitarbeiter wie Führungskräfte sehnen sich nach persönlich-unvermittelter Kommunikation gleichermaßen. Sie fungiert in den digitalisierten Arbeitswelten als Wegweiser im Dschungel der Vorgaben, Prozesse und Datenspeicher – manchmal wird sie auch zu einer lebenswichtigen Oase der Entschleunigung und Sicherheit.
Herzlichen Dank für Ihre Erkenntnisse.
CLAUDIA MAST
Die Kommunikationswissenschaftlerin wurde 2015 zur „Professorin des Jahres“ gewählt. Schwerpunkte ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit an der Universität Hohenheim sind Innovationen in der Unternehmenskommunikation, strategische Kommunikations- und Themenplanung sowie Wirtschaftsjournalismus und Unternehmensberichterstattung. Sie hat zahlreiche Fachbücher zu Journalismus, zum Kommunikationsmanagement und zur Wirtschaftsberichterstattung veröffentlicht und ist in verschiedenen Gremien tätig, u. a. im Verwaltungsrat der Deutschen Welle (Bonn).
Weiterlesen? Weiterdenken?
In ihrem Fachbuch „Unternehmenskommunikation“ widmet Claudia Mast der internen Kommunikation ein Kapitel, welches ich sehr lesenswert finde. Sie gibt einen fundierten Überblick über Ziele, Nutzen und Themen. Interessant finde ich auch die Gedanken zur organisationalen Resilienz und die Bedeutung der persönlichen Kommunikation. Darüber hinaus kann ich Verantwortlichen für die interne Kommunikation die Lektüre weiterer Kapitel empfehlen, z.B. zu den Themen Content, Gerüchte oder Kommunikationsnetzwerke.
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