Gehören Scrum, Kanban und Co. bald zum Standardrepertoire der internen Kommunikation? Vor kurzem las ich eine Stellenanzeige, die mich überraschte. Ein großes deutsches Unternehmen suchte eine Referentin/einen Referenten für die interne Kommunikation mit Erfahrung im agilen Projektmanagement.
Agiles Projektmanagement umfasst verschiedene Methoden, die vor allem auf Flexibilität setzen und ihren Ursprung in der Softwareentwicklung haben. Besonders interessant finde ich Scrum. Der Grundgedanke dieses Ansatzes: Große IT-Projekte sind zu vielschichtig und zu komplex, als dass das Endprodukt bereits zu Projektbeginn genau spezifiziert werden könnte. Der Zeit- und der Budgetrahmen liegen jedoch von Beginn an fest – wie im klassischen Projektmanagement auch. Um mit der unklaren Spezifikation umgehen zu können, gibt es sogenannte Sprints. Ein Sprint ist ein Arbeitsschritt, der in der Regel ein bis vier Wochen dauert und in dem eine bestimmte Funktionalität entwickelt und implementiert wird. Am Ende jedes Sprints werden die (Zwischen-)Ergebnisse mit dem Kunden diskutiert.
Ob es tatsächlich sinnvoll ist, die komplette interne Kommunikationsarbeit auf Scrum umzustellen, sollte jede Kommunikationsabteilung oder jede/r Verantwortliche genau prüfen und beurteilen. Um erste Erfahrungen zu sammeln, könnten Sie sich zunächst einige agile Beispiele herausgreifen und damit experimentieren. Drei Elemente aus dem Scrum-Methodenkoffer halte ich für besonders geeignet – vor allem, um die Qualität von Besprechungen zu erhöhen.
Sprint Review – Mehr Qualität durch besseren Inhalt
Im Sprint Review werden regelmäßig Arbeitsergebnisse präsentiert und abgenommen. Dabei geht es nicht um die Endabnahme, sondern um sichtbare Zwischenergebnisse, die gemeinsam mit dem Kunden diskutiert werden. Reviews sind die Grundlage für die weitere Planung.
Für Besprechungen stelle ich mir den Einsatz so vor: Nach jeder Besprechung veranstalten die Teilnehmer ein Review, das nicht länger als fünf bis zehn Minuten dauern sollte. Jede Teilnehmerin/jeder Teilnehmer gibt eine blitzlichtartige Einschätzung zu folgenden Fragen ab:
- Wo stehen wir nach dieser Besprechung inhaltlich?
- Sind wir tatsächlich einen Schritt weiter gekommen?
- Was sollten wir das nächste Mal anders machen?
Unterschiedliche Sichtweisen werden kurz diskutiert und anschließend konkrete Maßnahmen zur Optimierung des nächsten Meetings vereinbart. Große Schritte sind unnötig. Es kommt vielmehr auf die kleinen, leicht umsetzbaren Vorschläge an – im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.
Sprint Retrospektive – Mehr Qualität durch bessere Zusammenarbeit
In der Sprint Retrospektive wird über das „Wie“ diskutiert, also über die Arbeitsweise und den kulturellen Umgang. Hier habe ich für Besprechungen folgende Vorstellungen: Nach dem Review folgt eine Retrospektive. Die Fragen der SOFT-Analyse können die Diskussion anregen:
- Was war hilfreich bei unserer Zusammenarbeit?
- Was hat unsere Zusammenarbeit behindert?
- Was fällt uns immer wieder auf die Füße?
- Was könnten wir verbessern?
Tauchen Themen oder Konflikte auf, die sich in kurzer Zeit nicht besprechen und lösen lassen, werden sie in einem gesonderten Gespräch geklärt – am besten mit einem im Bereich Teamentwicklung geschulten Moderator.
Time-Box – Mehr Qualität durch besseres Zeitmanagement
Eine Time-Box ist ein zeitlicher Rahmen, in dem Besprechungen (oder auch Projektarbeit) stattfinden und der nicht überschritten werden darf. Der Gedanke dahinter ist, dass sehr viel konzentrierter und fokussierter gearbeitet wird, wenn es eine Zeitbegrenzung gibt. Im Scrum findet z. B. die tägliche Teambesprechung (Daily Spring) mit einer Time-Box von 15 Minuten statt.
In Besprechungen finde ich ihren Einsatz hilfreich, um ausufernde Redebeiträge zu beschneiden: Die Teilnehmer lernen, sich zu disziplinieren und sich auf relevante Informationen zu beschränken. Die Gruppendynamik unterstützt den Prozess der Fokussierung. Aber Achtung: Mit strikten Zeitfenstern zu arbeiten, eignet sich nicht für jede Art von Besprechung. Zudem ist die Rigorosität dieser Begrenzung gewöhnungs- und übungsbedürftig.
Vor der Besprechung – Klärung von Anliegen und Auftrag
Ein Review, eine Retrospektive und das Arbeiten mit Time-Boxen lassen sich leichter durchführen, wenn es zu Anfang der Besprechung eine „Auftragsklärung“ gibt. Gemeinsam wird besprochen, was das Anliegen und was das Ziel der Besprechung ist, wie lange die einzelnen Punkte dauern (dürfen) und was im Umgang miteinander wichtig ist.
Egal, ob mit Scrum oder mit anderen Methoden: Über eine wirkungsvollere Gestaltung von Besprechungen nachzudenken und mögliche Lösungen auszuprobieren, lohnt sich immer, nicht nur zum Jahreswechsel. Allerdings könnte dieses symbolische Datum die nötige Anschubenergie liefern.
Sie ahnen es: Meine Time-Box zum Schreiben dieses Beitrags ist um. Ich wünsche Ihnen ein agiles Jahr 2016.
Ihre Ulrike Führmann
Ich interessiere mich derzeit für Thema Scrum und habe aus diesem Grund bei dir reingelesen. Das vermittelte Wissen ist wertvoll. Jetzt weiß ich wie man Scrum für Besprechungen nutzen kann.